#Bigdreams
Brian ist der bekannteste Häftling der Schweiz. Keine Zeitung, kein Fernsehformat in der Schweiz hat nicht über den «Fall Carlos» berichtet. «Carlos» wurde zum Synonym für «gemeingefährlich», «Sozial-Wahn» und «Kuscheljustiz» und damit zur Projektionsfläche einer Medienlandschaft, die immer stärker auf Clickbaits setzt. Für dieses einträgliche Geschäft rief die Blick-Redaktion sogar eine eigene Rubrik «Fall Carlos» ins Leben. Während das Medientheater immer groteskere Züge annahm und einem Regierungsrat den Job kostete, wirkte sich der öffentliche Druck auf die Haftbedingungen des damals nicht mal Zwanzigjährigen Brian aus. Acht Jahre später sass er wieder und immer noch im Gefängnis –drei Jahre davon in Isolationshaft – was sogar den UNO-Sonderberichterstatter auf den Plan gerufen hat.
#BigDreams eröffnet ein neues Kapitel im Medientheater um Brians Fall. Dieses Mal folgt das Script nicht der Dramaturgie der Boulevardpresse, sondern eignet sich diese an. Wie kann und muss eine demokratische Gesellschaft darauf reagieren? Dieser Frage geht das Projekt #BigDreams mit den Mitteln der Kunst in fünf Akten nach.
«Wenn Brian im Gefängnis stirbt, stirbt die Demokratie.»
(ein anonym bleibender Experte)
Was bisher geschah:
Prolog: Wir schauen hin
#BigDreams startete im Mai 2021 mit einem Prolog vor dem Zürcher Obergericht. Während über Brians Haft und mögliche Verwahrung verhandelt wurde, verhandelten einige Medien unbeirrt ihre seit 2013 etablierten Narrative zum «Carlos dem Intensivtäter» weiter.
#BigDreams schuf mit ihrem Critical Newsticker eine Gegenperspektive, ordnete die laufende Berichterstattung rassismuskritisch ein und bezog Stellung zum Gerichtsverfahren.
1. Akt: Mein Name ist Brian
Im 1. AKT sprach Brian selbst. Mein_Name_ist_Brian heisst Brians Instagramkanal, den er live aus der Isolationshaft zu betreiben begann. Follow Brian!
2. Akt: $$$$ELLOUT CARLOS
Im 2. AKT verschmolzen Brians Erfahrungen und Medienkritik zur Realfiktion: Während Jahren hat der Blick mit dem Label «Carlos» Millionen verdient. Doch nun erhebt Brian Anspruch auf seine Rechte an diesem «Million-Dollar-Clickbait-Baby» und verkauft selber «Carlos»-Produkte. Mit dem Erlös soll eines Tages der Blick aufgekauft werden, damit so etwas nie wieder passieren kann.
3. Akt: SWISS QUALITY TORTURE
Im 3. AKT konzentrierte sich #BigDreams auf Brians Haftregime: Die Folge aus dem toxischen Zusammenspiel aus Medien, Politik und Öffentlichkeit, die in einem menschenrechtsverletzenden Strafvollzug mündete. Mit der Installation «SWISS QUALITY TORTURE» wurden städtische Plätze im Kanton Zürich bespielt und die Öffentlichkeit mit den Folgen des seit acht Jahre andauernden Medientheaters konfrontiert: Wie kann und muss eine demokratische Gesellschaft auf die Folter im Zürcher Strafvollzug reagieren?
4. Akt: #BigDreams
Vom 16. bis 19. November arbeiteten, diskutierten und performten Künstler:innen, Wissenschaftler:innen und Aktivist:innen am Neumarkt zu Brians Big Dreams für eine diskriminierungsfreie Gesellschaft, gegen staatliche Folter und für einen demokratischen Rechtsstaat.
Seit Januar 2022 ist Brian nicht mehr in Isolationshaft. Der öffentliche Druck beendete die Einzelhaft in der Justizvollzuganstalt Pöschwies und führte zu seiner Verlegung in ein anderes Zürcher Gefängnis. Brian lebt seitdem wieder unter dem normalen Haftregime.
#BigDreams ist ein diverses Kollektiv von Künstler:innen, Aktivist:innen und Wissenschaftler:innen, die sich seit eineinhalb Jahren mit Brians Fall auseinandersetzen und sich eigens dafür gegründet hat. Brian selber ist Mitglied von #BigDreams, alle Formate wurden gemeinsam mit ihm konzipiert und umgesetzt.
Mit
Wilson Adebayo, Sabina Aeschlimann, Sebastian Aeschlimann, Joshua Amissah, tobibienz, Bite Toys, Benjamin Burger, Brandy Butler, Giulia Cudini, Jacqueline Daunois, Yuvviki Dioh, Jamin Eberhard, Rahel El-Maawi, Julie Fischer, Thomas Galli, Hannah Gottschalk, Mariana Grünig, Daniela Guse, Anouk Haueter, Helmhaus Zürich, humanrights.ch, Dr. Brigitte Hürlimann, Brian Keller, Fritzi König, Kunstraum Walcheturm, Michael Meili, Fatima Moumouni, David Mühlemann, Mbene Mwambene, Lelah Neary, Theater Neumarkt: Dramaturgie, Kommunikation, Werkstätten & Ensemble, Elmira Oberholzer, Victoria Papagni, Edwin Ramirez, Daniel Riniker, Dimitri Rougy, Gonzalo Silva, Jolanda Spiess-Hegglin, Paula Ursprung, Reto Volkart, Mohamed Wa Baile, Eva Willenegger, Claudia Wilopo