Annina Machaz

Kollaborateur*in

Was denkt ein Hund?
Die Zweibeiner sind komisch. Sie wollen mich immer an die Leine nehmen. Ich denke mir, okay…meinetwegen, wenn die das brauchen! Sie fühlen sich dann einfach sicherer. Wobei es ist ein Witz: Ich spüre Erdbeben Tage voraus und sie sehen ohne Brille meist nicht mal bis auf die andere Seite des Fussgängerstreifens. Ja, ja, die Menschen sind eine Spezies für sich. Und ihre Kommandos — mein Gott! Sitz, Platz, Fuss – ich frage mich da schon manchmal, wo ich gelandet bin, aber ich mache dies mit, damit sie sich etwas freuen können in ihrem stressigen Leben. Sie sind etwas banal und arm dran, darum mache ich ihnen dann meist die Freude und gebe die Pfote, sitze oder was auch immer sie wollen. Dafür erhalte ich dann einen Snack. Etwas zum Beissen kann ja nie schaden und in Sachen Neuerfindung von Hundekeksen sind sie doch recht innovativ.

Sind die Ränder der Wirklichkeit diffus?
Ja schon. Wobei man sich dann schnell fragen kann, was die Wirklichkeit denn ist und hat sie überhaupt Ränder? Vielleicht sind es eher Zacken. «Wirklichkeitszacken», die in unsere Welt hineinschauen. Wenn ich beginne, mir dies alles zu überlegen, wird mir fast schwindlig. Aglaja Veteranyi, eine meiner Lieblingsschriftstellerinnen, hat einmal gesagt: «Auch die Fantasie ist autobiografisch». Das hat mir sehr eingeleuchtet. So könnte man dieses Zitat vielleicht ergänzen und dazu sagen: «Auch die Wirklichkeit ist vage.»

Dein peinlichster Bühnenmoment?
Der Moment wo ich eben nicht da war.
Bei einem Gastspiel an den Kammerspielen in München musste ich als Calamity Jane nackt, nur mit Hut, Stiefeln, Schnauz und Gewehr ausgestattet auf der Hinterbühne abgehen. Durch einen Gang sollte ich durch die Garderobe und das Foyer dann rechtzeitig von der anderen Seite her, durch das Publikum hindurch, wieder auf die Bühne springen. Leider waren die Türen auf meinem Weg plötzlich alle verriegelt und ich riss in meiner Verzweiflung irgendeinen Notausgang auf und rannte ins Freie. So stand ich auf einmal in meinem absurden Kostüm auf einer Flanierstrasse inmitten schockierter Touristen. Zu meinem Auftritt habe ich es dann zum Glück trotzdem noch knapp geschafft…

Was lernt man vor allem am Theater?
Flexibel bleiben.
Den Humor nicht verlieren.
Offen sein für alle und alles, was kommt.

Was würdest du dem Tod gerne einmal unter vier Augen sagen?
Lieber Tod, ich weiss, du kommst am Schluss sozusagen als Tüpfelchen auf dem i, aber eigentlich wäre es gar nicht schlecht, du würdest einige von uns schon früher mal besuchen. Egal wer wir sind, wie wir aussehen, wie wir leben, du machst da keinen Unterschied und relativierst so einiges. Du machst die Leute weicher. Ich denke, wenn es etwas gäbe wie einen Midlife-Tod oder ähnlich, dann wäre unsere Welt vielleicht eine bessere.

Biografie
Nach der Matura arbeitet Annina Machaz am jungen Schauspielhaus Zürich. Danach schliesst sie an der Hochschule der Künste in Bern mit einem Bachelor in Schauspiel und einem Master in Scenic Arts Practice ab. Während ihrer Ausbildung erhielt sie den Förderpreis Schauspiel von Migros Kulturprozent und wurde mit dem «Best Actors Award» für die Rolle der Ophelia am International ACT Festival in Bilbao ausgezeichnet. Nach dem Studium spielte sie unter anderem in Produktionen von Ivo Dimchev und Ann Liv Young. Mit ihrer Performance «Follow us» gewinnt Annina Machaz zusammen mit Mira Kandathil den Schweizer Kultur- und Nachwuchsförderpreis PREMIO. Mit einer Kurzversion der Performance, welche sich mit den Ikonen Amy Winehouse und Marilyn Monroe befasst, tourt sie durch die Schweiz. Es folgt ein weiteres Stück «Ask the Oracle», welches an der Gessnerallee Zürich Premiere feiert, ihre neuste Performance «Nora oder ein Altenheim» wurde im Rahmen von ›Freischwimmen‹ produziert. Annina Machaz war gemeinsam mit Nils Amadeus Lange, Manuel Scheiwiller, Vincent Riebeek und Florentina Holzinger Teil des Projektes «body and freedom». Ausserdem ist sie als Cowboy in Florentina Holzingers’ Performance «Apollon» zu sehen und spielt die Hexe in deren neuestem Stück «TANZ». Neben ihren Bühnenauftritten hat Annina Machaz in verschiedenen Kunst- und Kurzfilmen mitgespielt sowie kürzlich die Ausbildung zur Radiomoderatorin abgeschlossen.

Foto © Flavio Karrer